Montag, 3. Juni 2013

Familienbett - Plötzlicher Kindstod (SIDS)?

Ganz schön geärgert habe ich mich, als neulich ein Artikel in der SZ und auch auf Spiegel Online erschienen ist, in meinen Worten zusammengefasst:
Man hat nun herausgefunden, das Familienbett ist SCHLECHT und wenn das Baby am plötzlichen Kindstod wegstirbt, seien die verantwortungslosen Eltern schuld, weil man nun herausgefunden hat, dass das Familienbett einen Faktor dabei darstelle.

Klasse, dachte ich. Als wir noch keine Eltern waren und von Kankenhaus und Ärzten mit massenhaft Infobroschüren zur Vermeidung des plötzlichen Kindstods überschüttet wurden, und sie, verantwortungsbewusst wie wir sind, durchgelesen haben, ging daraus eines klar hervor:
Das (gesicherte) Familienbett ist das Beste, was man seinem Neugeborenen anbieten kann -
im Schlafsack, ohne Decke und Kissen, aber in der Nähe der Eltern, da diese (Stichwort "Ammenschlaf" Wikipedia / Wissenschaft Online) so sofort mitbekommen, falls es dem Kind nicht gut geht, oder die Mutter sogar bei Atemaussetzern aufwacht. Weiter konnte ich nachlesen, dass es im Zusammenhang mit der Rückatmung (wenn die Mutter das Kind also nachts Gesicht an Gesicht "an atmet) weniger zu Atmenaussetzern kommt und dies für die Atemreflexe des Kindes von Vorteil ist.

Ich bin kein Experte (was sind eigentlich Experten?) und ich bin kein Mediziner.
Aber für mich als junge Mutter war klar: Familienbett ist spitze, wenn man stillt und das Kind viel Nähe braucht. Und man selbst es will. Die Aspekte, dass man zum Stillen nicht aufstehen braucht und man somit einigermaßen (naja,...) gut schläft, dass die Bindung gefestigt wird etc. waren da zusätzliche "Zuckerstreusel" auf dem Familienbettkuchen.

Die Argumente oder entsetzten Einwände "aber wenn man sich aus Versehen über das Baby rollt!!" halte ich persönlich für Quatsch.
Ich habe mich a) auch noch nicht auf die Katze gerollt oder auf den Mann, und b) kommt hier wieder das Stichwort "Ammenschlaf" ins Spiel: Man (Mama) schläft zwar, aber weiß, dass da ein Kind ist und man aufpassen muss. Mein Mann wachte sogar anfangs oft auf und "suchte" Ben, weil er im Schlaf wusste, dass er vorsichtig sein muss.
Und ganz am Anfang hatten wir ihn auf einem Sillkissen und die ganze Nacht lang ein kleines Nachtlicht an, um uns sicherer zu fühlen. 

Für uns war das jedenfalls die beste Lösung:
Ben wollte auf keinen Fall alleine schlafen oder irgendwo abgelegt werden, und das von Anfang an. Und er wollte stillen. Viel. Sehr viel. Und ich wollte nicht 6 mal in der Nacht aufstehen, warten bis er schläft, und ihn wieder ablegen. Später war das krankheitsbedingt ein richtiger Segen: Ich konnte wochenlang nicht laufen, mein Kind aber so wunderbar versorgen und hatte das Gefühl, auch wenn ich nichts mehr sonst kann, das Kind stillen, und neben ihm schlafen das kann ich noch. Dazu musste ich nicht aufstehen oder das Kind dann wieder irgendwo weglegen.
Heute ist es noch immer so, dass Ben sehr viel Nähe braucht und eher unruhig schläft. Er spürt auch immer schnell, wenn ich nicht neben ihm bin, und wacht dann weinend auf. Es gibt Phasen, da ist das mehr, und welche, da ist es weniger.
Nein, ich bin ganz und gar gegen "Schlaftrainings" und "das Kind muss es langsam mal lernen" oder Sprüche wie "tja, hast ihn eben daran gewöhnt". Habe ich nicht. Ich habe es ihm sein Grundbedürfnis nur nicht abtrainiert.

Sicher wäre es auch nicht schlimm für mich, er würde einfach so in seinem Bettchen schlafen, problemlos und 7 Stunden am Stück. Aber so ist er nicht, und das ist völlig in Ordnung. Wenn er so weit ist, wird er es schon von alleine so machen, ohne dass ich ihm beibringe, dass sein Bedürfnis nach Nähe unerwünscht ist.
Er braucht Nähe. Wieso sollte ich ihm beibringen wollen, dass er sie nicht bekommt, wenn er sie braucht? Bloß, damit ich nachts besser schlafen kann? Soll ich meinem Kind beibringen: Ruf du mal, ich entscheide dann aber, ob du mich brauchst oder nicht, ob ich dich ernst nehme oder nicht?
Ich sage dann immer zu Kritikern: "Du selbst willst doch auch nicht alleine schlafen, oder?" Wer kennt keine einsamen Nächte, in denen man sich wünscht, nicht alleine sein zu müssen? Wie muss das erst für ein Baby sein, das ganz und gar nicht weiß, was da alles so passiert auf der Welt und täglich so viele neue Eindrücke wahrnimmt, die es gar nirgends hin stecken kann und dann abends einfach nur in Sicherheit und gewohnter (oh, also doch?) Nähe einschlafen will, sich beschützt wissen.
Prima, wenn Babys das nicht so sehr brauchen und sich problemlos in ihrem Bettchen schlafen legen lassen. Aber wenn ein Baby eben nicht gerne alleine schlafen will, ist das auch kein Drama.

Aber zurück zum genannten Artikel.
Eine junge Mutter liest das, gerät in Panik und denkt, sie müsse nun, um ihr Kind vor dem plötzlichen Kindstod zu bewahren, das Kind zwingend in ein eigenes Bett legen. Auch, wenn sie so ein Exemplar Kind abbekommen hat wie ich es habe: Eines, das die Nähe sehr viel braucht und ohne ganz furchtbar traurig ist und Angst bekommt.
Da habe ich eher Angst um die psychische (Langzeit-)Gesundheit des Babys als darum, dass das Baby im Elternbett sterben könnte!

Und genau das macht mich so wütend. 

Was haben wir alles gelesen, Broschüren über SIDS und wie man das Risiko minimieren kann!
Nestchen sind schlecht, Moskitonetze / Betthimmel sind schlecht, Decken sind schlecht, Plüschtiere im Bett, Spieluhren auch (die Schnur könnte sich um den Hals wickeln!), Bauchlage ist schlecht usw...
So Vieles, was verängstigt und verunsichert, weil es das Baby ersticken könnte! Und jetzt also auch noch (angeblich!!!) die Tatsache, dass die Eltern neben dem Kind schlafen?!

Eine jahrelang erfahrene Kinderkrankenschwester im Krankenhaus bei einem Säuglingspflegekurs (wir waren auch unsichere Bald-Eltern!) sagte uns etwas, was ich leider nicht mehr wörtlich, aber ungefähr in Erinnerung habe:
"Mit diesen Studien zum Thema "plötzlicher Kindstod" ist es so: Heutzutage werden alle Babys auf dem Rücken zum Schlafen gelagert, weil man sagte, Bauchschläferbabys sterben statistisch gesehen häufiger. Was dabei nicht berücksichtigt wird: In 10 Jahren steht in der Statistik, Rückenschläferbabys sterben häufiger. Eben weil man heute alle Babys auf dem Rücken lagert und kaum merh welche findet, die auf dem Bauch schlafen."
Das ist so, wie wenn plötzlich sehr viele Menschen grüne Haare tragen und man Verkehrsstatistiken aufstellt. Natürlich werden dann plötzlich auffallend viele grünhaarige Menschen Opfer von Verkehrsunfällen, wenn nicht richtig (!) recherchiert wird.

Und genau das ist bei o.g. Artikel geschehen!
Wunderbar beleuchtet hat die miese Recherche der o.g. Artikel übrigens Nora Imlau in ihrem Artikel. Hier könnt ihr auch nachlesen, was konkret bei der Statistik für Fehler "passiert" sind bzw. welche Dinge total außer Acht gelassen wurden!

Abschließend möchte ich also noch einmal sagen: 

Liebe junge / werdende Eltern, Bitte, Bitte lasst euch nicht von allem verunsichern, was "man so liest". Hört auf das, was euch euer Bauch sagt. Wenn sich Familienbett für euch super anhört und anfühlt, dann macht das auch und lagert euer Baby nicht aus dem Grund aus Eurem Bett aus, weil irgendein Kinderarzt mal schlecht recherchierte Statistiken um sich geworfen hat.
Morgen wird wahrscheinlich schon wieder das Gegenteil bewiesen, oder es wird statistisch errechnet, dass Babys von rothaarigen Eltern häufiger Schnupfen bekommen und die Eltern färben sich plötzlich alle die Haare um oder so. Fakt ist, dass es den plötzlichen Kindstod gibt und sich keiner so etwas für sein Baby wünscht. Fakt ist aber auch, dass man ihn nicht wie eine Krankaheit ausrotten, indem man Babys in ein anderes Bett zum Schlafen legt.

Raucht nicht, trinkt nicht, wenn Eure Kinder in eurem Bett schlafen sollen. Steckt sie in Schlafsäcke und sichert das Bett vor dem Herausfallen. Und habt keine Angst, dem Kind dadurch zu schaden, dass ihr Eurem Kind die Nähe gibt, die es braucht.

13 Kommentare:

  1. sehr gut geschrieben, seh ich genauso! werde deinen blog gleich mal auf meiner fb seite posten :)

    mein baby (9 monate) schläft noch immer im familienbett und das bleibt auch so!

    ich muss aber dazu sagen, das meine hebamme + kinderärztin immer gesagt haben, das familienbett ist am besten. meine kleine hat auch 6 monate lang auf meinem bauch geschlafen, die ganze nacht.
    ich mach das, was mein herz mir sagt und nicht was "experten" quatschen.

    danke für deinen beitrag <3

    AntwortenLöschen
  2. Ich denke jeder muss da seine "Methode" finden. Gerade beim ersten Kind liest man sehr viel. Blieb mir auch nichts anderes übrig, da kein Baby in der weiten Verwandtschaft war / ist, keine Bekannten zu dem Zeitpunkt Nachwuchs hatte (wir waren die ersten). Und beim ersten habe ich auch eher auf das vertraut, was ich gelesen habe, als auf mein Bauchgefühl und mein Baby zu hören.
    Erst bei Nr. 2 und 3 habe ich das dann getan. Mag blöd klingen, aber manchmal glaube ich, dass ich deswegen auch ein nicht so enges Bindungsgefühl zu meiner Ältesten habe, wie zu den anderen beiden :(
    Aber: sie habe alle drei nicht im Familienbett geschlafen, sondern im eigenen Bettchen neben mir. Grund: ich habe mich wohler gefühlt. Ich bin Alleinschläfer, mir ist manchmal schon die Nähe zu meinem Mann zuviel ^^ Ich kuschel zwar gerne mit meinen Kindern im Bett, am Wochenende, aber ich kann einfach nicht tief und entspannend schlafen, wenn sie mit im Bett sind. Ich habe es probiert, war aber einfach immer wie gerädert, daher sind sie dann immer in ihren eigenen Betten gewandert.
    Von daher kann ich es aber voll unterstützen, zu sagen: hört auf euer Bauchgefühl, ganz besonders beim ersten Kind. Die Zeit geht so schnell rum, wen (außer euch) interessiert es, wo das Baby schläft, hauptsache es ist zufrieden.
    Viele grüße, Sandra

    AntwortenLöschen
  3. Danke, mal wieder ;)

    Das meiste dachte ich mir so oder so ähnlich schon nach dem Lesen des Artikels. Aber ich kann es nicht so schön in Worte fassen um es z.B. meinem Mann zu erklären.

    Lieben Gruß
    maedchen

    AntwortenLöschen
  4. Hätte ich nicht besser ausdrücken können. .. meine Tochter schläft abends nach dem stillen immer zwischen 4 bis 6 stunden in der wiege die direkt neben papa steht. . Sobald sie Wach wird hole ich die maus zum stillen zu mir ins bett .. Gemütlich im liegen - meist schlafen wir beide dabei wieder ein ♥
    Es gibt aber auch Tage da will sie nicht in der wiege schlafen. . Na und ... Dann schläft sie eben direkt bei uns im Bett .. ganz nah an mama gekuschelt ... Ich genieße es... Was ist daran falsch seiner Maus liebe und Nähe zu geben ? Mir ist es total egal ob andere es für richtig halten oder nicht. .. Ich find es genau richtig und weiß das mein Kind nicht in angst schläft und Glücklich gross wird .. ♥♥♥♥

    Ganz liebe grüße steff mit klein Lou ♥★

    AntwortenLöschen
  5. Wir haben einfach gemacht was für uns richtig war, beide Kinder durften von anfang an bei uns im Bett schlafen und das hätte sich bis heute nicht geändert, wenn der grosse nicht mit 3 beschlossen hätte, das er ab jetzt alleine schlafen will, ist abends immer ins Kinderzimmer gelaufen und hat sich dort ins bett gelegt. Klar kam er nachts immer mal wieder an, aber das is ok. Der kleine hat mit knapp zwei keinen bock mehr gehabt auf MAMAPAPA Bett, der wollte lieber mit seinem grossen bruder im Zimmer schlafen. Was schade ist, aber ich denke das auch die Kinder ein wenig selbst entscheiden müssen wo sie schlafen wollen.

    AntwortenLöschen
  6. Ich habe gerade nur den Ersten Textabschnitt von dir gelesen und bin GESCHOCKT!
    Denn erst letztens sah ich im TV (glaube das zwar eh nie), dass es immer noch keine Ursachen gibt, warum Kinder daran erleiden. Ich denke eher das der Körper eben ein sehr komplexes System ist, sehr kompliziert eben und gerade am Anfang wo alles laufen soll, es eventuell mal einen Aussetzer geben kann und eben das Kleine Lebewesen stirbt. Wofür niemand was kann... es geht nun mal in unserem Körper hoch kompliziert zur Sache und manches brauch nun mal Tage und Wochen bis es so funktioniert wie es soll, ohne das wir von außen bemerken, wie der Körper der gerade entstanden ist, innen arbeitet.

    Außerdem gehört Naturgemäß wie bei allen Lebewesen, ein Neugeborenes doch zur Mama. Wir haben ein riesen Bett. Mein Freund bekommt Nachts leider nichts mit und tretet den Hund oder legt sich sogar drauf, dass er nun Seitenverkehrt hier schläft und ich noch riesen Platz bei mir, für das Baby habe. Denn Nachts wenn mein Hund bei mir schläft, weiß ich selbst im Schlaf genau wo er liegt und habe ihn noch nie getreten oder so, mich immer unbewusst seiner Position angepasst oder wurde sofort wach.

    AntwortenLöschen
  7. Ich für mein Teil denke immer nur: was machen denn die Mütter aus NICHT Industrie Ländern ? Haben die Wiegen und Kinderbetten, Netschen ,Schlafsäcke usw?

    AntwortenLöschen
  8. WUNDERBAR geschrieben....echt ...sprichst mir aus der Seele....muss ich gleich unbedingt mal bei mir auf der Seite posten....kann man das eigentlich direkt von deinem Blog aus? Oder nur oer Link?
    Funda

    AntwortenLöschen
  9. Super wie du das immer schaffst in Worte zu fassen ;-) Wenn ich mich über etwas aufrege neige ich dazu unsachlich zu werden ^^
    Ich habe zwar noch keine Kinder aber ich denke man sollte auf jeden Fall so handeln wie man es gefühlsmäßig für richtig befindet...

    AntwortenLöschen
  10. Wo kann ich Unterschreiben? *hihi*

    AntwortenLöschen
  11. Ich unterschreibe das auch...Lg Nina

    AntwortenLöschen
  12. hab mich auch aufgeregt, als der link zu dem artikel überall auftauchte... bjarne hat zwar in seiner wiege neben mir geschlafen, aber in 99% der nächte ist er nach dem ersten nächtlichen stillen bei mir geblieben und es war sosossoso schön! papa war ausquartiert, damit wenigstens einer ausschlafen kann, also auch genug platz für baby und mich und keine überrollgefahr. ich fall ja nachts auch nicht aus dem bett, weil ich vergesse, wo es zuende ist.... total schade, dass er jetzt im eigenen bett auch einfach besser schläft, vermisse das total!

    AntwortenLöschen